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Blauwasser

  • Sandra & Gottfried
  • 8. Okt. 2023
  • 9 Min. Lesezeit

Nach über einem Jahr als Landratten sind wir wieder draussen auf dem blauen Wasser, auf den Weiten des indischen Ozeans. Tief blau, leichter Schwell, viel Sonne, manchmal sehr stürmisch, ungestüm und unberechenbar so fühlt sich das Blauwasser segeln an. Stunde um Stunde und Tag um Tag segeln wir unserem Ziel den Seychellen entgegen. Alle drei Stunden ist Wachablösung. Seit Richards Bay scheint eine Ewigkeit an Zeit vergangen zu sein. Insgesamt werden es zwölf Tage werden bis nach Hellville auf Nosy Be in Madagaskar. Dazwischen liegen lange Tage und Nächte mit unterschiedlichen Bedingungen und Gefühlen. Da ist auch immer wieder der Kampf um einfach loszulassen und auch die manchmal raue See zu geniessen. Die Zweifel ob eine andere Route besser gewesen wäre ob vielleicht zwei Tage länger auf ein Wetterfenster zu warten geholfen hätten und dann einfach auch die Zeit der Akzeptanz und des Geschehens, die totale Entspannung.

Wale und Delphine begleiten uns auf dem Weg in den Nordosten, manchmal Dutzende, ganz nahe beim Schiff, unter dem Schiff, manchmal sehen wir nur die Fontänen und die Schwanzflossen in der Ferne. Die Natur hat Ausmasse die wir nur erahnen können und die Demut ob all diesen Wundern und Kräften ist wieder einmal im Vordergrund. Ganz klein schaukeln wir über die Wellen, immer unser Ziel vor den Augen, mit einer Langsamkeit der man nicht entfliehen kann. Es ist nichts Bedrückendes, im Gegenteil die pure Freiheit!

Aber besser, wir fangen jetzt erst einmal von Vorne an und erzählen von unserem Start in Knysna, die ersten Meilen nach East London, unsere Wartezeit auf ein gutes Wetterfenster in Richards Bay und die langen Tage bis zu unserer Ankunft in Madagaskar.


Knysna - East London 30.8. - 31.8.2023


Nach einem schönen Abschiedsabend mit Liz, Mark und Reini auf der Najuma sind wir morgens um 9 Uhr startklar. Renier der uns bis auf die Seychellen begleitet und das Revier wie seine Hosentasche kennt ist auch pünktlich an Bord. Der Abschied fällt schwer und so ist es am Besten die Maschinen zu starten und raus zu fahren ins neue Abenteuer. Alle unsere Freunde stehen am Quai und Peter eskortiert uns zusammen mit Liz, Mark und Charlene bis zu den Heads, dann sind wir allein, setzen die Genua und segeln hinaus aufs blaue Wasser, Kurs East London. Bilderbuchbedingungen, wenig Schwell in der Nacht ein Blue Moon Ereignis und die Weite des indischen Ozeans. Wir haben nur ein kurzes Wetterfenster um die ersten 288 nm hinter uns zu bringen, aber wir laufen mit der Strömung und dem Wind im Rücken unter der Küste mit bis 9,5 kts über Grund; wir fliegen! Bei der Einfahrt in den Hafen von East London holen uns die ersten Südwest Winde mit bis zu 30 Knoten ein. Quer zum Wind spürt man dann die Kraft und die Wellen werden schnell höher. Unser Ziel ist der Buffalo River Yachtclub in der hintersten und geschützten Ecke des Industriehafens. Um 21:10 legen wir am Steg an. Gottfried ist sehr nervös und noch nicht so sicher im Umgang mit dem Katamaran, aber mit Hilfe von Sandra und Renier und zwei Helfern am Steg geht alles wunderbar; nur keine Hektik immer langsam. Ein Bier an der Bar im Clubhaus und danach geht's in die Koje.

Wir bleiben einen Tag in der Marina und lümmeln einfach so herum. Ein wirklich interessanter Yachtclub, no frills wie es so schön mit dem englischen Wort beschrieben wird; kein Schnickschnack, einfach was es braucht, einfachst. Abends ist Treff im Clubhaus und ein Braai angesagt. Renier entpuppt sich als der Master und grilliert für uns, einfach lekker!

Ein Tag vor uns ist ein weiterer Kat angekommen, die Lala Manzi, eine Lagoon 42. Diese Schiff mit Bodin, Anita und Jeanne wird uns noch bis nach Madagaskar begleiten.



Abschied an der Waterfront in Knysna..... bye, bye Freunde wir sehen uns bestimmt wieder!



Wir sind von Herzen dankbar für eure Freundschaft und die wunderbare Zeit mit euch allen an einem zauberhaften Ort in Südafrika!



Auf dem Weg nach East London



East London - Richards Bay 2.9. - 4.9.2023


Nach nur einem Tag warten haben wir ein kurzes Wetterfenster um nach Richards Bay zu segeln. Kein Wind auf die Nase, wenig Wind von Süden, das ideale Wetter, ansonsten heisst es besser abwarten. Der Agulhas Strom fliesst hier direkt an der Küste. Bei einem starken Südwester bedeutet das Wind gegen Strom und es wird sehr schnell sehr gefährlich. Auf der anderen Seite will man auch nicht 18 kts Wind auf die Nase, also bleiben in diese Jahreszeit nicht wirklich viele Optionen offen. Wir haben Glück, fast kein Wind und ein Fenster von ca. drei Tagen, das reicht. Wir legen am Morgen ab mit Kurs Richards Bay.

Kleiner Einschub: Es ist sehr beruhigend, dass wir Renier an Bord haben. Er hilft uns mit dem Boot vertraut zu werden, gibt uns Tipps fürs Handling und erklärt vor allem die Wetter-bedingungen und Strömungen die auf dem Weg in den Norden nicht ganz ohne sind. Unsererseits wären wir viel zu früh losgesegelt und hätten uns mit zu hohen Wellen und viel zu viel Wind auf die Nase an der Küste hochgekämpft.

Die Bedingungen sind recht gut, etwas "bumpy" in der ersten Nacht; Kreuzwelle. Im Cockpit wird es etwas nass weil der Schwell seitlich über die Sugarscoops einsteigt. Unsere extra gefertigten Schoten aus Canvasmaterial in den Durchgängen helfen damit nicht alles Wasser eindringt, aber trotzdem bekommen wir etwas ab. Längerfristig werden wir uns da Steckschoten anfertigen lassen um das Problem zu lösen. Das hat aber Zeit bis auf die Seychellen. Ansonsten hält sich die Najuma gut. Kleinere Reparaturen sind an der Tagesordnung beim Segeln, auch mit neuen Schiffen. Bei uns hält sich das bis jetzt in Grenzen: eine Grauwasserpumpe ist ausgestiegen, Canvasschiene im Cockpit lose, Steuerrad muss nachgezogen werden und ein paar Einstellungen am Elektrosystem. Das einzige, etwas nervende Problem ist unser neues Satellitentelefon. Der Tracker läuft nicht und auch das herunterladen der Wetterberichte. Diese Problem werden wir bis ans Ziel unserer Reise nicht lösen können. Einige von euch haben ja bereits bemerkt, dass der Tracker nicht funktioniert. Wir haben ein neues IridiumGo, aber da ist irgendwie der Wurm drin. Zum Glück läuft unser Starlink und wir haben ständig Verbindung nach Aussen! Dazu in perfekter Qualität. Man mag sich über Starlink und seinen Erschaffer mokieren, aber für uns Segler ist es ein Segen.

Wir segeln Tag und Nacht unter der Küste, zwei Seemeilen vom Land entfernt. Frühmorgens sehen wir einen Wasserfall der direkt ins Meer stürzt, kleine Dörfer, einzelne Häuser. Es ist anmutig, wie auf einer Kanalfahrt. Entlang der Küste Kwa Zulu Natals erreichen wir nach knapp drei Tagen Richards Bay. Wiederum pünktlich vor dem grossen Wetter aus Südwesten. Es hat schon stark aufgefrischt und das Anlanden wird etwas schwieriger, Renier übernimmt und zeigt wie es geht, einfach mit etwas mehr Geschwindigkeit und Überzeugung. Wir liegen am Steg D im Zululand Yachtclub. Lala Manzi gesellt sich zu uns und der Abend wird mit dem obligaten Braai und ein paar Bieren abgeschlossen.

Wir kommen wegen den anhaltend schlechten Wetterbedingungen nicht von Richards Bay los. Zu allem Unglück läuft unser Visa am 8. September aus. Wir versuchen es mit einer netten Anfrage bei der Immigration, beissen aber auf Granit. Ein Tag zu spät bedeutet ein Jahr Verbannung aus Südafrika; was nun. Über einen Agenten erfahren wir, dass unsere Berater falsch in der Annahme waren, dass man nur einmal das Visa verlängern kann. Unter dubiosen Erklärungen versucht uns jemand von der Immigration in Richards Bay einen Ausreisestempel im Pass anzubieten, selbstverständlich gegen die entsprechende Bezahlung. Wir verzichten darauf und machen uns am letztmöglichen Tag auf nach Durban zur Visastelle für eine Verlängerung unserer Aufenthaltsbewilligung. Der Agent hat bereits alles vorbereitet und unser Termin um ein Uhr Nachmittags steht. Siehe da, unsere Anträge werden zugelassen und wir sind nun wieder bis zur Bewilligung des Visa offiziell willkommen im Lande. Soviel vorab, die Bewilligung erhalten wir nicht mehr, da wir vorher das Land Richtung Norden verlassen werden. Ende gut alles gut.

So verbringen wir die Tage in und um Richards Bay mit Motorenservice, kleineren Reparaturen, Riggcheck, Sport (endlich wieder Joggen) und einem Ausflug nach St. Lucia zu den Hypos und Krokodilen. Dazwischen viel Ausruhen und natürlich im TV den Rugby Weltcup schauen. Schon ein Erlebnis in der Bar des Yachtclubs wenn die Springboks spielen. Laut geht es zu und her und lauter Experten dokumentieren das Spiel. Auch sonst ist hie in Natal nicht alles so konform wie am Westerncape, schlussendlich sind wir hier im wilden Westen angelangt, grins. Eine Erinnerung an RB wird uns auch noch lange bleiben. Im Industriehafen ist der grösste Kohle Verladeterminal von Südafrika, für unsere saubere und brandneue Najuma ein Graus. Schwarz fällt alles hernieder auf Rumpf, Leinen, Deck........es ist ein Kampf gegen die Windmühlen. Auch nach den ersten Squalls im Mocambique Channel ist noch nicht alles herunter gewaschen, der Kohlestaub begleitet uns noch bis dato. Die Häfen in Südafrika sind nicht wirklich der Ort zum Verweilen, Ausnahme sind vielleicht Knysna und Kapstadt. Es bleibt uns nichts anders übrig als den Staub und Dreck zu akzeptieren und uns nicht allzu fest darüber zu ärgern.

Eine andere Erinnerung ist die tolle Atmosphäre im Zululand Yachtclub. Wir werden herzlich empfangen, müssen uns Vorstellen und bekommen eine Flasche Champagner geschenkt, dazu tauschen wir noch die Stander, die Flaggen der Yachtclubs aus. Die Reparaturen werden zügig in Angriff genommen und für einige Wünsche "do they make a plan for us". Das wird zum geflügelten Wort, irgendwie wird immer etwas organisiert damit es klappt. Nicht immer so wie man es sich genau vorstellt, aber es gibt immer eine Lösung. Wie heisst es doch so schön: tia = this is Africa!



Buffalo River Yacht Club mit Braai Queen and King.



Entlang der Wild Coast nach Richards Bay....auf dem Weg einen Gruss nach South Broom



Empfang im Zululand Yacht Club, Tanken à La Südafrika, auf dem Weg zur Immigration durch den Kohlestaub....



Ausflug ans Meer in St. Lucia. Wir staunen wie die grossen Boote auf den Strand fahren und verladen werden.


Eine Seefahrt die ist lustig........


....einfach nicht fressen lassen!



Richards Bay - Hellville, Nosy Be, Madagaskar 16.9. - 28.9.2023


Endlich haben wir ein Wetterfenster um über die Maputobay zu kommen. Der Schwell und der Wind von vorne werden uns die nächsten paar Tage aber sehr beschäftigen. Wir legen um die Mittagszeit ab, Kurs Ponta do Ouro, von dort wollen wir dann über die Maputobay direkt nach Ponta Zàvora und von da Kurs Manampatra am Westcap von Madagaskar. Die Fahrt wird schwierig gegen Wind und Strömung. Bis zu 4,5 kts. gegen die Mozambique Current und den Wind auf die Nase zermürbt so manches Seglergemüt. Die Kreuzseen sind ungemütlich, das Wasser läuft von hinten auf der einen Seite ins Cockpit rein, auf der anderen raus (eigentlich nicht schlimm, aber irgendwie nicht so gemütlich, zwinker). Nach fünf Tagen sind wir da wo wir nach drei Tagen sein wollten. Dazu immer noch die Probleme mit unserem Tracker und dem IridiumGo; jeden Tag Emails und gute Ratschläge vom Support aus New Zealand. Ihr kennt das sicher: man ruft beim Support an erklärt alles und man kriegt das Gefühl die nehmen einen nicht wirklich ernst? Das Ende der Geschichte ist noch nicht abzusehen, aber mittlerweile kriegen wir eine sehr gute Unterstützung! Die Stimmung bei Gottfried ist nicht die Beste.

Irgendwann kommt der Punkt, da muss man einfach die Dinge annehmen und nicht dagegen ankämpfen. Was bleibt uns anderes übrig als einfach vorwärts zu schauen. Am sechsten Tag beginnt die Entspannung, wir fischen mit Erfolg eine grosse Dorade, einen Yellow Tail Tuna und einen Big Eye Tuna, genug Fisch für einige Mahlzeiten. Renier zeigt uns wie das Angeln und filetieren geht, mittlerweile sind wir schon halbe Profis. Wir beginnen den Törn zu geniessen und es so zu nehmen wie es ist. Meile um Meile geht es vorwärts. Manchmal segeln wir mit der Genua, manchmal unter Vollzeug, dann wieder mit gerefftem Grosssegel, dann wieder mit einer Maschine und 1500 rpm mit langsamen 4,5 Knoten dem Ziel entgegen. Der indische Ozean hat es wirklich in sich, nichts ist so wie es scheint und manchmal kommt es einfach anders. Wir stecken unsere Route täglich zweimal ab und versuchen wo immer auch möglich den richtigen Wind zu finden. Dazu benutzen wir unser neues Wetterprogramm PredictWind. Meistens sind die Vorhersagen gut, aber manchmal ist es dann trotzdem anders. Alles ist Interpretation und zum Schluss findet das Segeln vor Ort statt, smile. Da hilft kein Kurs halten und Wegpunkte setzen, manchmal geht es einfach etwas in die andere Richtung und wieder zurück, aber schlussendlich immer ein Stück näher zum Ziel. Es wird wärmer und wärmer, die Nächte kühlen nicht mehr wirklich ab wir kommen langsam zurück in die Tropen. Lange haben wir davon geträumt im kalten südafrikanischen Winter und nun sind wir endlich da. Am 26.9. steht um 18:00 Uhr im Logbuch: ein super Segeltag geht zu Ende, etwas bumpy und alle freuen sich auf den Landfall am nächsten Morgen: Nosy Be wir kommen! Mit schönen Speed geht es in die Nacht und am Morgen liegt Nosy Iranja Steuerbord quer ab und um 11.02 Ortszeit fällt der Anker vor Hellville, Nosy Be.

Nach ziemlich genau 12 Tagen haben wir die 1413 Seemeilen geschafft und sind wohlbehalten und gesund in Madagaskar angekommen. Es war ein grosses, auch grossartiges Erlebnis. Wir haben gelernt geduldig zu sein, den Wind zu nutzen und uns zu entspannen. Blauwasser segeln ist eine Passion, man kann sie nicht lernen, aber man kann daran wachsen.

Auf dem Weg nach Madagaskar; nach viel Welle und Strömung geniessen wir die schönen Seiten des Blauwassersegelns.



Dorade und Tuna, es reicht für einige Mahlzeiten und frisches Sashimi. Manchmal sind schon andere hungrige Mäuler daran gewesen.


Ein Ganet begleitet uns drei Tage und Nächte. Am Westcap von Madagaskar verlässt er uns wieder.


ree

Wir segeln in den Sonnenaufgang und den neuen Morgen.


 
 
 

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